Trauma, Scham & Schuld
Trauma bedeutet, dass wir eine (un)bewusste Not und Hilflosigkeit erleben. Meist denken wir bei Trauma nur an Schocktrauma, also ein einmaliges heftiges Erlebnis wie Krieg, Unfall, plötzlicher Tod oder Vergewaltigung. Dabei verkennen wir die wesentlich „verbreitere“ Art von Trauma: Entwicklungstrauma – und normalisieren gesellschaftlich m.E. zu unrecht diverse Leidensformen wie:
- ständiges Grübeln, Selbstzweifel (Scham & Schuld)
- Depression, Gefühl von Sinnlosigkeit
- emotionale Distanziertheit, Rückzug
- Gereiztheit, erhöhte Aggressivität
- mangelndes Selbstwertgefühl
- Bindungsprobleme, Einsamkeit
- Entscheidungsschwierigkeit
- sexuelle Funktionsstörung
- Panik-Attacken, Albträume
- Kontrollbedürfnis, Zwänge
- Konzentrationsprobleme
- Erschöpfung, Müdigkeit
- Gedächtnisverlust
- Schlafstörungen
- Süchte aller Art
- Essstörungen
- Phobien … und weitere chronische Symptome wie Kopf- und Rückenschmerzen
Natürlich können auch Umweltgifte, Nährstoffmängel oder physiologische Aspekte solche Leiden verursachen und/oder mitbegünstigen. Da mir selbst durch mehrere chronische Krankheiten dies wiederfahren ist, gehört ein ganzheitliches Gesundheitweltbild zu mir dazu.
Was haben Scham und Schuld mit Trauma zu tun?
Es gibt jeweils zwei Varianten: gesunde und ungesunden Varianten von Scham und Schuld. Ich fokussiere mich in meiner Arbeit auf die leidvollen Seite, also die toxischen oder chronischen Erfahrungen von Scham und Schuld, die unserer Lebensfreude, Kraft, Lebenssinn und gesunden Beziehungen im Wege stehen.
Wichtig ist, dass wir unser Vermeiden von unangenehmen Gefühlen immer als Selbstschutz begreifen und dadurch auch als Liebe zu uns und unserem tiefsten Kern – also weg von dem pathalogischen Blick und negativen Diagnosen, die uns womöglich verleiten uns damit zu identifizieren und hart mit uns zu sein.
Wenn wir emotional verletzt sind oder im Stich gelassen wurden, besonders in den frühen und sensiblen Jahren unserer Kindheit, haben wir es mit starkem Erleben von Scham und Schuld zu tun, also unsichtbare Selbstverneinung. Da wir als Kind so zart, verletzlich und noch nicht alleine überlebensfähig sind, sind wir darauf angewiesen unsere Bedürfnisse extern beantwortet und befriedigt zu bekommen. Wir entwickeln Strategien, um fehlende Kernbedürfnisse zu beantworten. Und diese Kernbedürfnisse (nach NARM) sind:
• Kontakt
• Einstimmung
• Vertrauen
• Autonomie
• Liebe-Sexualität
Je besser unsere Kernbedürfnisse als Baby und Kind befriedigt wurden, desto sicherer fühlen wir uns und desto stabiler und gesünder bildet sich unser Organismus aus (auch körperlich-gesundheitlich), wir können im Vertrauen ggü. der Welt sein, fühlen uns verbunden mit unseren Gefühlen und der Umgebung. So können wir als Erwachsene spüren wann und wie diese Bedürfnisse bei uns beantwortet sind oder nicht und wir können dies auch bei anderen wahrnehmen.
ÜBERLEBEN und ERLEBEN
Wenn diese Bedürfnisse gar nicht und nicht ausreichend befriedigt werden, versuchen wir dies nachzuholen als Erwachsene – dies kann sich so anfühlen wie ein ständiger Hunger nach Anerkennung, Kontrolle, Wissen, Intimität. Dies nennt sich dann Überlebensstrategie (resultierend aus den oben genannten Kernbedürfnissen).
Aber eigentlich wollen wir ja nicht nur ÜBER-leben, sondern das Leben ER-leben.
Es gibt in uns allen den Drang diese alte Wunde unbedingt zu heilen, das nennt sich Selbstaktualisierung und inszeniert ganz raffiniert – meist unbewusst – ähnliche Situationen mit dem Wunsch, dass es dieses Mal ein Happy End gibt, weil wir ja als Kind noch nicht die Kapazitäten hatten dies zu heilen, aber Erwachsene nun schon. Dieses Mal wollen wir in der Trauma-Reinszenierung ohne Anstrengung bedingungslos geliebt und angenommen werden, dass wir nichts zu befürchten haben, uns sicher fühlen können. Lasst uns doch einfach ohne Trauma-Trigger diese sicheren Räume der Entwicklung und Heilung kreieren, wo wir uns so erleben können.
SCHAM
Toxische Scham bedeutet, dass da der Glaube ist „ich bin unfähig, nicht gut genug“. Hierbei stellen wir unsere Existenzberechtigung komplett infrage, also nicht nur unser Handeln oder Verhalten (wie bei der Schuld), sondern uns als gesamte Person. Lass dir das mal auf der Zunge zergehen: toxische Scham bedeutet, dass du dich für dein So-Sein, deinen Lebensdrang ablehnst. Wir fühlen uns emotional verletzt, nicht gesehen, kritisieren uns selbst, resignieren oder kommentieren innerlich alles.
Scham will die Würde vor uns selbst wiederherstellen, wieder für uns einstehen und uns tiefer selbst annehmen.
SCHULD
Schuld ist ein Gedanke der auftaucht, wenn wir befürchten jemanden zu enttäuschen oder tatsächlich verletzt haben – vielleicht durch eine Lüge oder Handlung. Dies bezieht sich daher auf Verhalten, ist verwoben mit Moralvorstellungen (aus Familie, Gesellschaft etc.). Es geht der Schuld um Aufrichtigkeit im Kontakt. Toxische Schuld ist wie eine chronische Selbstverurteilung. Manche Menschen entschuldigen sich permanent vorab für ihr Verhalten aufgrund des negativen Selbstbildes. Da gilt es ehrlich zu schauen: was ist meine Schuld, wofür bin ich verantwortlich und wofür nicht? Wofür kann ich mich ENT-schuldigen?
Schuld will wiedergutmachen, entschuldigen, einen Ausgleich schaffen, Verantwortung an der richtigen Stelle übernehmen.